Mittwoch, 16. November 2011

Tango = Sucht und/oder Infektion?

Was wäre ein Blog der sich "TangoAddicted" nennt, ohne einen Beitrag der darüber philosophiert in wie fern Tango eine Sucht ist und wodurch das zustande kommt.



Jeder der Tango tanzt wird sagen, der Tanz hat Suchtpotential. Wie stark das bei euch schon ausgeprägt ist, könnt ihr mit einen einfachen Test herausfinden.

Ich erinnere mich noch sehr gut an meine ersten Wochen Tangokurs. Mein Tangolehrer bekam mit, dass ich bereits seit 1 Jahre auch Standard/Latein tanzte. Er meinte darauf hin: "Tango macht viel mehr Spaß". Ich entgegnete erstmal, dass ich mir da noch nicht so sicher sei.

Nun, was soll ich sagen? 2 Wochen später hatte ich ein echtes Problem mich für Standard/Latein zu motivieren. Und europäischer Tango war mir fortan ein graus. Vor allem wenn dafür beliebte Klassiker wie Cumparsita und Libertango vergewaltigt wurden.

Es hat fast ein halbes Jahr gedauert bis auch wieder Standard/Latein Spaß gemacht hat. Inzwischen macht mir auch der europäische Tango wieder Freude (so lange keine TA-Musik verwendet wird).

Aber was macht den nun dieses Suchtcharakter aus? Vermutlich ist das bei jedem etwas anderes. Bei mir haben sich mit der Zeit verschiedene Faktoren herauskristallisiert. Zu Beginn war es vor allem die Faszination eine andere Person durch ganz wenig Signale dazu zu bringen, sich so zu bewegen wie man es im Kopf hat. Dieses "Wow"-Gefühl wird jedes mal dann besonders groß, wenn man wirklich das Gefühl hat eins zu sein.

Inzwischen denke ich auch, dass die Umarmung ein ganz wichtiger Punkt ist. Eine Freundin und Tanzpartnerin von mir ist Psychologin. Sie hat mir mal gesagt, dass man eine bestimmte Anzahl an Umarmung am Tag brauch um gefühlsmäßig im Gleichgewicht zu sein. Eine einzige Milonga sprengt diese Mindestanzahl aber schon ausreichend.

Dann natürlich: die Musik. Ich glaube die spielt für die Sucht aber erst später eine große Rolle. Zu Beginn ist man noch zu sehr mit der ganzen Technik beschäftigt um die Musik auch wirklich aufzunehmen. Ich erwische mich jetzt zunehmend dabei, wie ich versuche ein Tanzvideo auf youtube anzugucken. Mitten in dem Video schrecke ich aufeinmal auf und merke, ich hab fast nix mitbekommen. Was ist geschehen? Die Musik entführt mich anscheinend automatisch in eine andere Welt. Ich kann nicht mal genau sagen, wo ich dann bin. Meistens glaube ich tanze ich in Gedanken selbst. Manchmal bin ich aber auch ganz weit weg.

In der Vergangenheit konnte ich 2 Sorten von Menschen ausmachen: Solche die bei ihrem ersten Kontakt mit dem Tango ihm sofort hoffnungslos verfallen sind und dann solche die damit überhaupt nichts anfangen konnten. "Normale" Menschen dazwischen habe ich keine getroffen. Warum ist das so, dass die einen gleich eine intensive Beziehung zu diesem Tanz aufbauen und andere es nie werden? Warum gibt es diese Reaktion in anderen Tänzen in diesem Ausmaße nicht?

Ein tolles Beispiel für diese sofortige Infektion liefert derzeit eine Freundin von mir. Vor einigen Wochen hab ich sie einfach mal mit auf eine Milonga geschleppt. Vor Beginn dieser, wurde dort ein Crashkurs angeboten. Nach diesem Abend hat sie sich sofort zu einem Kurs angemeldet und ist seit dem auch auf jeder Milonga dabei.

Neulich erzählte sie mir, dass sie ihrer Schwester zeigen wollte, was sie jetzt neuerdings so treibt. Dazu hat sie sie einfach mal 2 Schritte geführt. Ihre Schwester war sofort fasziniert. Hallo? 2 Schritte und davon ist man fasziniert? Wie funktioniert sowas? Ich kann es nachvollziehen, aber nicht erklären. I.d.R. weiß ich auch nach den ersten 2 Schritten mit einer mir unbekannten Tanzpartnerin ob das ein schöner Tanz wird oder nicht.

Wenn ich jetzt nochmal so über den Text lese, fällt mir auf, dass das meiste nicht wirklich erklärbar ist. Vielleicht ist es das was süchtig macht? Wir fühlen da ist irgendwas, können es aber nicht näher beschreiben, geschweige denn es erklären?

Lange Rede kurzer Sinn: Willkommen im Club der (anonymen) Tangosüchtigen. Warum seid ihr süchtig?

TangoAddicted

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